Vertriebsevolution und der Übergang zu ’new normal‘

Der Vertrieb und die Kommunikation mit Kunden in 'new normal'. Ein freundlicher Vertriebsmitarbeiter in virtuellem Gespräch auf dem Bildschirm.

Vertriebsevolution und der Übergang zu ’new normal‘

Der Vertrieb war ohnehin in seiner Geschichte schon immer wandlungsfähig. (Lese auch unseren früheren Artikel ‚Sales Shift‘). Die fortschreitende Digitalisierung der vergangenen Jahre hat die Veränderung der Kommunikation mit den Kunden, der Vertriebsmethoden und interner Vertriebsprozesse weiter beschleunigt. Jedoch aufgrund der Corona-Pandemie 2020 wurde die wirtschaftliche, wie gesundheitliche Situation zu einem Katalysator für weitere Veränderungen und hat den Vertrieb in die Zukunft regelrecht katapultiert.

Seit 2019 wird die digitale Transformation immer schneller vorangetrieben – dieser Meinung sind 77 % der Vertriebsleiter*. Gleichzeitig erwarten 58 % der Vertriebsverantwortlichen*, dass sich ihre Rolle nach 2020 sogar dauerhaft verändern wird. ‚New Normal‘ ist gekommen, um zu bleiben.

Diese Veränderungen sind sowohl auf der Kunden-, als auch auf der Anbieterseite zu sehen. Bei Kunden wurden Ressourcen knapper und vor allem effiziente schlanke Lösungen sind besonders gefragt, die globale Unsicherheit kam auf und damit ein stärkeres Bedürfnis, gewisse Themen und Projekte zu hinterfragen. Die Anbieter müssen sich noch stärker mit der neuen Situation ihrer Kunden auseinandersetzen, stärker auf geänderte Bedürfnisse reagieren und neue Wege im Vertrieb gehen (wie z.B. die Online Meetings statt Präsenztermine, Liefer-/Abholservice statt Gästeempfang im Lokal). Das Vertrauen zu gewinnen, ohne ein persönliches Gespräch zu führen, ist für manche noch etwas ungewohnt und für beide Seiten – Kunden und Vertriebsmitarbeiter – herausfordernd.

Anfangs 2020 und zu Beginn der Pandemie in Europa rollte die Evolution munter voran. Es gab keinen Zeithorizont, bis wann und für wie lange sich man an die neue Realität anpassen soll; ähnlich einem Marathon ohne Ziellinie. Das machte es schwieriger, durch diese Zeit zu navigieren und die richtige Strategie für eigenes Business zu wählen. Je länger die Situation andauerte, desto weniger wurde der Glaube daran, dass es jemals ein Zurück zum alten Leben geben wird.

Business as unusual nach 2020 und 4 Schritte im Adoptionsprozess.

Trotz Krise, Unsicherheit und knappen Ressourcen fanden Unternehmen in der Pandemiezeit viele kreative Lösungen. Und wo es möglich war, entdeckten sie sogar neue profitable Geschäftsmodelle für sich. Die meisten Betriebe haben das eigene Geschäft weiter optimiert und adaptiert. Gleichzeitig zeigten diese Aktivitäten in der Praxis einen praktikablen Weg aus der Krise und darüber hinaus – einen Weg der 4 Schritte.

Diese 4 Schritte/Situationen können zugleich einen bereits gelebten Adoptionsprozess in der Umstellung und Digitalisierung des Vertriebs darstellen.

Schritt 1:

Kommunikation mit den Kunden, Geschäftspartnern oder Kollegen findet virtuell via zoom, Teams, Skype etc. statt. Hybride Varianten mit Präsenz- und virtuellen Meetings sind zeitweise praktiziert, sofern es die Sicherheitsvorkehrungen zulassen. Keine wesentlichen Änderungen der Produkte oder internen Prozesse werden vorgenommen.

Schritt 2:

Bestehende Produkte und Dienstleistungen (sofern möglich) werden mittels neuer digitaler Werkzeuge für die Collaboration und Kommunikation (z.B. Microsoft 365, slack, miro) aufbereitet, weiterentwickelt, präsentiert und teilweise in die Online-Welt verlagert. Diese Produkte sind meistens Online-Varianten einer Offline-Dienstleistung oder eines Offline-Meetings bzw. Beratungsworkshops. Auch wenn gewisse Dienstleistungen von einer online Variante, im Sinne der Durchführung, ausgenommen werden müssen (wie z.B. Friseure oder Handwerker, können ihre Leistungen online und remote nicht durchführen), haben trotzdem viele Unternehmer neue Wege gefunden, auf sich digital aufmerksam zu machen. Sie haben z.B. eigene Services verstärkt im Internet beworben, Online-Terminbuchungen angeboten und Services via Buchungsplattformen/Webshops verkauft. Weitere Anbieter haben auch eine digitale Erweiterung einer Offline-Dienstleistung geschaffen. Z.B. Immobilien Makler haben ihren Interessenten Live-Besichtigungen der Immobilien angeboten, virtuelle 360° Rundgänge, bzw. entsprechende Videos erstellt. Einige Consulting-Unternehmen haben dann Webinare statt Seminare angeboten, Webkonferenzen und Online-Events statt Messen und Kongresse veranstaltet. Positive Beispiele sind hier sehr zahlreich zu finden.

Schritt 3:

Native Online-Produkte werden entwickelt. Diese Produkte und Dienstleistungen (sofern möglich) sind keine angepassten ‚traditionellen‘ Produkte mehr, sondern von Anfang an speziell für die Online-Welt und für die Kunden mit den geänderten Bedürfnissen neu konzipiert. Z.B. bei einer Schulung oder Consulting-Leistung: Inhalte werden neu organisiert und die Vermittlung mittels neuer Tools und Methoden umgesetzt. Eine Landing Page wird erstellt, wo das Produkt bestellt oder direkt gekauft werden kann. Diese Seiten werden in passenden Kanälen und Netzwerken beworben, liefern weiterführenden Content bzw. Beratung, die mit Hilfe der Onlinetools remote abgerufen werden können. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt und Unternehmen arbeiten weiterhin an solchen Prozessen, Produkten und ansprechender einladender Nutzererfahrungen (CX).

Schritt 4:

Neue Produkte wurden in einer optimierten Vertriebsstrategie verankert. Customer Journeys und Vertriebstrichter werden erneut analysiert bzw. adaptiert, die digitalen Tools, wie moderne CRMs oder Datenanalysen, werden im Vertrieb, Marketing und Support eingesetzt und die Erfolgsfaktoren neu kalibriert. Um den Kunden weiterhin bestmöglich zu betreuen, muss sich die gesamte Ausrichtung des Vertriebs verändern. Dabei ist es notwendig, interne Organisation und rollenübergreifende Zusammenarbeit, auch technologisch, zu ermöglichen. Denn Marketing, Vertrieb und Kundensupport müssen im Vertriebsprozess vereint werden und nicht isoliert agieren. Sonst bleibt die gesamte Customer Experience fragmentiert. Automatisierung des Vertriebsprozesses (CRM-Systeme, E-Mail Marketing, Webshop), Einsatz der KI für die Datenanalyse, neue relevante Touchpoints (Content, Landing Pages, Podcasts, Social Media) entlang der Customer Journey helfen, den gesamten Prozess zu vereinen. Natürlich werden weiterhin auch hybride Produkt-Varianten angeboten. Denn die Kunden wählen, was ihren Geschäftspraktiken am besten entspricht.

 Herausforderungen im Vertrieb beim Übergang zu ‚new normal‘?

Besonders in Krisenjahren agieren Kunden zögerlich und sehr vorsichtig. Verkaufsprozesse ziehen sich deswegen in die Länge. Die Loyalität der bestehenden Kunden wird noch mehr geschätzt als sonst. In solcher Situation ist es unerlässlich, individuelle Bedürfnisse und die Lage des Kunden noch sorgfältiger zu analysieren.

Eine der größten Herausforderungen für den Vertrieb in 2020 war bestimmt, dass die physische Präsenz plötzlich durch eine virtuelle Ansprache ersetzt werden musste. Es geht hier nicht so sehr um die technische, sondern mehr um die emotionale Ebene. Besonders relevant wurden neue Aspekte, z.B. wie baue ich Kundenbeziehung und Vertrauensbasis trotz Distanz auf? Wo und wie kaufen meine Kunden, wenn sie nicht in meinen Laden kommen können? Wie haben sich ihr Leben und ihre Bedürfnisse aufgrund der Corona-Krise verändert?

Unternehmen können sich nicht mehr darauf verlassen, dass sie ihre Kunden persönlich treffen und betreuen können. Wer flexibel auf diese Veränderung reagierte, rettete womöglich seine unternehmerische Existenz. Unternehmen, die früher Kontakte hauptsächlich über Messeauftritte und Konferenzen persönlich geknüpft und so Aufträge gewonnen haben, hatten es in den Pandemie- und Isolationszeiten besonders schwer. In der nahen Zukunft wird sich wohl daran nicht viel ändern. Ab jetzt ist es überlebenswichtig, beide Welten gekonnt zu bedienen.

Was stärkt das Geschäft in unsicheren Zeiten und darüber hinaus?

Bei einem persönlichen Gespräch merken wir gleich, ob der Funke überspringt und wo es noch z.B. einen Informationsbedarf gibt. Eine vertrauensvolle Kundenbeziehung und Überzeugungsarbeit online zu leisten, helfen auch bereits bekannte Elemente. Hier ein paar davon:

  • Empfehlungen / Bewertungen – ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich kaufe lieber von Anbietern, die mir empfohlen wurden oder zumindest gute Referenzen vorweisen können. Das kann auch belegt werden. Fragen Sie daher Ihre Kunden um Empfehlungen. Diese können dann z.B. auf der Website, Verkaufsplattformen etc… eingebunden werden.
  • Zertifikate und Gütesiegel – Zertifikate, Auszeichnungen, etc… belegen Ihren Expertenstatus und Expertise und bilden ein gutes Vertrauensverhältnis.
  • Sicherheitsmaßnahmen wie SSL Zertifikat – besonders auf diesen Seiten, wo personenbezogene Daten abgefragt werden (Newsletter, Webinar-Anmeldung, Webshop, etc…), sind SSL Zertifikate unerlässlich. Zusätzlich werden solche Websites mit schlechtem Ranking abgestraft. Leider sind immer noch Websites zu finden, die noch keine SSL Verschlüsselung oder welche fehlerhaft hinzugefügt haben.
  • Gute Auffindbarkeit (SEO) – Suchmaschinenoptimierung und Fokus auf die richtigen Keywords.
  • Relevante und aktuelle Artikel, Blog, interessanter Content.
  • Expertenstatus zu festigen helfen Newsletter, Aktivitäten auf Social Media, Fachartikel.
  • Marketing Automatisierungen – E-Mail-Strecken zu bestimmten Themen.
  • Einheitliche Customer Experience über alle Kommunikationskanäle hinweg
  • Digitale Produktpräsentation (z.B. 360 Grad Visualisierungen, Video und Animationen).

 Nützliche Technik für den Vertrieb nach 2020:

Nicht zu vergessen sind zuletzt die technischen Aspekte im Vertrieb, die verwendet werden und im Verkaufsprozess eine wesentliche Rolle spielen.

  1. Webcam und Licht – schlechte Internetverbindung, Bild- und Tonqualität sind dem Kunden unzumutbar. Bei Webcams werden Geräte mit einer Auflösung von min. HD 720p oder Full HD 1080p empfohlen, mit 30/60 FPS. Hilfreich sind auch Autofokus, Zoom und Aufnahme-Funktionen.
  1. Technologie und Online-Kommunikation-Tools für die Zusammenarbeit, Webinare und Meetings online, wie z.B. Teams, Trello, Slack, zoom oder Miro, gotomeeting.
  1. Timer – im Homeoffice fehlt manchmal eine klare Trennung, oft auch eine räumliche Abgrenzung, zwischen dem Privatleben und Beruf. Um die gewohnte Produktivität und die geplante Dauer der einzelnen Arbeitsschritte beizubehalten, hilft ein Timer.
  1. 2 Bildschirme – Bis jetzt waren mehrere Bildschirme in der IT oder in den Management Etagen ein Standard. Heutzutage sind sie im Vertrieb und Marketing nicht mehr wegzudenken und helfen auch Videomeetings und gleichzeitig Arbeits-Apps wie E-Mails, CRM oder Dokumente im Auge zu behalten.
  1. Modernes CRM für Unternehmen jeder Größe – detaillierte Dokumentation der Arbeitsschritte, Automatisierungen und Datenanalyse sind heutzutage im strukturierten Vertrieb unerlässlich.
  1. Trinkflasche mit Lieblingsgetränk 😊.

Fazit:

Gäbe es eine Standardlösung, die den Vertriebserfolg in neuer Ära garantieren könnte, hätten wir nun eine leichtere Aufgabe zu bewältigen. Sicher ist, dass der Vertrieb das Herz eines Unternehmens bleibt. Und diese Unternehmen, die die Digitalisierungsprozesse im Vertrieb bereits verinnerlicht haben, haben es wesentlich leichter, sich an die ‚new normal‘ anzupassen und weiterhin flexibel und erfolgreich zu bleiben. Die Position, Stärke und Kondition eines Unternehmens reicht dabei nicht immer aus. Der Grund, warum die Dinosaurier ausgestorben sind, war die fehlende Anpassungsfähigkeit an ein neues Klima und Nahrungsangebot nach einem Meteoriteneinschlag bzw. Vulkanausbruch. So ähnlich können auch manche etablierten Unternehmen um ihre Existenz zittern, wenn sie nicht agil agieren und sich nicht schnell genug an die Marktänderungen anpassen.

Die Situation hat aber auch etwas sehr positives in sich. Denn sie bildet ein Fundament für beständigere und zukunftsfähigere Vertriebsorganisationen und Produkte für die nächste Zeit. 1. Flexibilität und schnelle Anpassung an die neue Situation, 2. neue Strategien und proaktive Antworten auf geänderte Bedürfnisse der Kunden, 3. funktionsübergreifende Zusammenarbeit aller vertriebsrelevanten Akteure (darunter aus dem Marketing, Revenue Operations, Vertrieb, Customer Support, Data Sciance, CX und Webtools), sowie 4. Schulungen bleiben wahrscheinlich die Schlüssel zum Erfolg in new normal und sind wichtiger denn je.

Abschließend: einige Erfolgsfaktoren für mehr Wachstum im Jahr 2021.

Laut Salesforce Research (und ca. 6000 befragten Verantwortlichen im Vertrieb weltweit) haben unter anderem folgende Erfolgsfaktoren für die nächsten 12 Monate ausgewählt:

  • Flexibilität in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Kunden
  • Verbesserte Datenqualität für die Entscheidungen
  • Personalisierung
  • Schulungen für Vertriebsmitarbeiter – (70% Vertriebsmitarbeiter im Außendienst werden umgeschult, um von zu Hause aus verkaufen zu können.)

Des Weiteren 73% der Befragten sind der Meinung, dass sich der Bedarf an Vertriebstechnologie seit 2019 stark verändert hat. Weitere Faktoren sind im Bericht ‚State of Sales 2020‘ nachzulesen.

Quelle:

*Bericht: ‚Sate of Sales 2020‘ von Salesforce Research

Image:

shutterstock/fizkes

Zurück zum Blog